Schwerpunktthema: Queerfeindlichkeit

Banner mit dem Text "Happy Pride Month! Setz dich ein und seid dabei". Oben rechts ist eine Progress Pride Flag mit dem Text "Protect the Pride" abgebildet, unten rechts die Amnesty Kerze und unten links die stilisierte Darstellung einer Flüstertüte.

Wir von Amnesty International Hamburg haben das Ziel, Menschen für das Thema Queerfeindlichkeit zu sensibilisieren und für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft zu kämpfen. Nachdem Queer Pride Month im Juni, steht Anfang August in Hamburg der CSD mit einen ausladenden Programm organisiert von Hamburg Pride an.

Auch wir wollen die Gelegenheit nutzen, um im Rahmen unserer Antidiskriminierungskampagne bei Amnesty Hamburg einen thematischen Beitrag zum Thema Queerfeindlichkeit zu leisten.

Antidiskriminierung – Schwerpunkt Queerfeindlichkeit

Queerfeindlichkeit – Was beinhaltet das?

Der Begriff Queerfeindlichkeit ist ein Oberbegriff für alle Diskriminierungsformen gegen Menschen, die sich zur LGBTQIA+ zugehörig fühlen oder auch von außen der Community zugeordnet werden. Dabei erkennt man bei der Queerfeindlichkeit auch Überschneidungen bzw. Intersektionen zu anderen Diskriminierungsformen. Der Begriff Queerfeindlichkeit schließt mitunter folgende Diskriminierungsformen ein: Homofeindlichkeit, Lesbenfeindlichkeit, Bifeindlichkeit, Transfeindlichkeit, Interfeindlichkeit und Afeindlichkeit (bezogen auf die aromantische und asexuelle Community). Das Wortanhängsel -phobie wird auch oft synonym verwendet, jedoch handelt es sich nicht um Ängste, sondern um Hass, Ignoranz und Ausgrenzung von Minderheiten.

Wir leben in einer sogenannten heteronormativen Gesellschaft. Weiter ausgeführt auch in einer cis endo hetero und allonormativen Gesellschaft. Die Wörter, die nun äußert kompliziert klingen, sind die Gegenstücke zu trans, inter, homo/bi+ und asexuell/aromantisch. Diese sind allerdings seltener im Alltagsgebrauch als dass „normal“ als Gegenpart genutzt wird. Dabei bezieht sich normal streng genommen auf eine gesellschaftliche Norm, welche es gilt, zu erhalten und zu fördern. Und da kommt die Queerfeindlichkeit ins Spiel, welche dazu dient gegen das Infragestellen der Norm, durch die bloße Existenz queerer Menschen,vorzugehen. Dabei hat Sprache einen großen Einfluss. Denn hauptsächlich wird immer noch davon ausgegangen, dass alle Menschen nicht-queer sind und die Sprache gibt dies vor.

Wie äußert sich Queerfeindlichkeit?

Queerfeindlichkeit fängt schon bei Kleinigkeiten an, die teilweise als „gut gemeint“ rübergebracht werden. Es wird zumeist von der Norm ausgegangen. Ist dies nicht der Fall wird auch von queeren Stereotypen ausgegangen wie der feminine schwule Mann oder der maskulinen Lesbe. Entspricht eine Person nicht dem Klischee, kann die queere Zugehörigkeit abgesprochen werden. Andersrum wird von weiteren bestimmten Eigenschaften ausgegangen bis hin zu diskriminierenden Dingen wie z.B. dem Stereotyp der Kampflesbe. Unsere Sprache veränderte sich dabei auch immer wieder und Begriffe wie „queer“, welcher einst als Beleidigung galt, werden normalisiert und reclaimed (zu deutsch; zurückgewonnen). Andere Begriffe waren, sind und bleiben beleidigend, auch wenn sie zuvor normalisiert waren. Etwa die Worte „trans Frau“ sind heute korrekt, um eine transgeschlechtliche Frau zu beschreiben. Transsexuell etwa wird von den meisten trans Frauen eher abgelehnt sowie weitere ältere unpassende Begrifflichkeiten, welche teilweise eher mit Crossdressern und Drag Queens zu tun haben.

Insbesondere ist ein Anstieg an queerfeindlicher Diskriminierung zu bemerken. Eine Gruppe wird dabei besonders ins Visier rechter Hetze genommen: trans und geschlechts-nonkonforme Personen. Dabei wird oft von einem „Trend“, einer „Genderideologie“ sowie von Verschwörungstheorien gesprochen, welche auf die geschichtliche Behandlung Homosexueller in den 80ern und 90ern zurückgreifen. Schon Jahrzehnte zuvor sprach man von einem Trend bei Homosexualität/Bisexualität und auch davon, dass homosexuelle/bi+ Personen nichts in Räumen Heterosexueller zu suchen hätten. Erst 1994 wurde Homosexualität von der WHO offiziell nicht mehr als Krankheit beschrieben. 2019 überarbeitete die WHO auch ihre internationale Klassifikation von Krankheiten und beschrieb das Trans sein an sich nicht mehr als Krankheit. Als krankhaft wird nur der Leidensdruck von trans Personen beschrieben, welcher durch die Missachtung des trans Seins und der eigentlichen Geschlechtsidentität in der Gesellschaft entsteht. Auf der Grundlage können auf Wunsch der Person geschlechtsangleichende Maßnahmen vorgenommen werden. Auch gegen diese Maßnahmen gehen Menschen vor und beschreiben sie als falsch, ohne die medizinischen und psychologischen Kenntnisse zu besitzen. Transfeindlichkeit geht sogar soweit, dass transfeindliche Akteur*innen gewalttätig werden und trans Personen die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben erschweren wollen.

Was können WIR gegen Queerfeindlichkeit tun?

  1. Weiterbildung: Um zu lernen wie queerfeindliche Akteur*innen agieren und wie und warum Menschen queerfeindlich sind, kannst du Podcasts hören, Bücher lesen oder Serien/Filme schauen zum Thema. So lernst du mehr über Queerfeindlichkeit und auch über die LGBTQIA+ Community und ihre Geschichte.
  2. Werde aktiv: Du kannst in Gruppen aktiv werden, bei Demos und ähnlichen Veranstaltungen teilnehmen oder auch online Beiträge erstellen oder teilen zum Thema. Sprich es auch an, wenn sich jemand queerfeindlich verhält. Versuche dabei ruhig und sachlich zu bleiben und begib dich nicht selbst in Gefahr. Biete einer Person deine Unterstützung an, wenn diese gerade queerfeindlich diskriminiert wurde.
  3. Gehe gegen queerfeindliche Hetze vor: Widerspreche queerfeindlichen Aussagen im Netz sowie im realen Leben. Achte dabei auch auf deinen eigenen Schutz. Melde queerfeindliche Inhalte auf Social Media. Versuche queerfeindliche Verschwörungstheorien zu entkräften.
  4. Sprich es an: Wenn jemand „schwul“ als Schimpfwort nutzt oder eine Beleidigung für LGBTQIA+ nutzt, sprich die Person darauf an. Sag deutlich, warum queerfeindliche Witze nicht zum Lachen sind. Erkläre sachlich, warum dies diskriminierend ist und versuche es nicht gleich vorwurfsvoll auszudrücken. Dein Gegenüber geht sonst schnell in eine Defensivhaltung und blockiert.
  5. Reflektiere dich und dein Handeln: Jeder Mensch ist ohne Vorurteile und Diskriminierung geboren, jedoch erwirbt man sich diese über die Zeit durch gesellschaftliche Einflüsse. Diese internalisierte Queerfeindlichkeit gilt es Stück für Stück zu dekonstruieren. Frage dich, wo du dich schon mal queerfeindlich verhalten hast und wie du es heute besser machen kannst. Wenn dich queere Inhalte stören, frage dich warum. Zum Beispiel: Warum stört es mich, wenn ich mich mit meinen Pronomen vorstellen soll? Was habe ich davon, es nicht zu tun und was haben andere davon, wenn ich es tue?
  6. Beziehe die gesamte Community mit ein und lerne mehr über Intersektionalität: Denke daran alle sexuellen und geschlechtlichen Identitäten einzubeziehen und lerne über Identitäten, die du noch nicht kennst, indem du dich nicht voreingenommen darüber informierst. Lerne mehr über die Überschneidungen verschiedener Diskriminierungsformen und über die Lebensrealität mehrfach marginalisierter Menschen wie z.B. welche Probleme ein Rollstuhl nutzende queere Person hat.
  7. Lasse queere Personen wissen, dass sie bei dir sicher sind: Du kannst dies durch einen Button tun oder durch deine Sprache. Wenn du geschlechtersensible Sprache nutzt oder dich mit deinen Pronomen vorstellt, signalisierst du queeren Personen deine Offenheit und Akzeptanz. Ein Button, ein Bändchen oder ein gut sichtbarer Aufkleber mit einer Pride Flagge, kann einigen queeren Menschen zeigen, dass du nicht queerfeindlich bist.
  8. Unterstütze queere Aktivist*innen und Künstler*innen: Beziehe queere Aktivist*innen bei deinen Veranstaltungen mit ein und gib ihnen eine Plattform. Kaufe Werke von queeren Aktivist*innen und Künstler*innen um mehr über die Community zu lernen und die Community finanziell zu unterstützen. Spende an Organisationen, die sich für die Rechte queerer Menschen einsetzen.

Veranstaltungen und Aktionen mit Amnesty gegen Queerfeindlichkeit

Insbesondere Queeramnesty Hamburg setzt sich zusammen mit den Hamburger Amnestygruppen und weiteren LGBTQIA+ Aktionsgruppe in und um Hamburg für queere Rechte ein. Im vergangenen Jahr lag Queeramnesty Hamburg das Thema Transrechte besonders am Herzen.

Dazu arbeitete Queeramnesty in der vergangenen Zeit mit enbygalactic:transtastic und weiteren Gruppen zusammen. Hierbei veranstaltete Queeramnesty Hamburg mit ihnen Aktionen in Form von Kundgebungen zum Trans Day of Visibility (jedes Jahr am 31.März) und zum Trans Day of Remembrance (dritter November jeden Jahres).

Hier sind Queeramnesty Mitglieder und enbygalactic:transtastic Mitglieder bei einer Kundgebung zum Trans Remembrance Day zu sehen. Vier Personen halten ein Banner mit der Aufschrift „take hold fight together we survive“. Es hat eine Transflagge rechts und links abgebildet und über dem Schriftzug kleine Herzen aus anderen Flaggen (agender, genderqueer, trans, nichtbinär und intersex). Vor dem Banner liegt eine Regenbogenflagge und eine Disability Pride Flagge. Rechts vom Banner weht eine weitere Transflagge. Eine Rednerin trägt eine Lesbenflagge und eine AroAce Flagge um den Körper. Ein weiterer Redner sitzt in einem E-Scooter daneben mit einem Mikrofon und einem Smartphone zum Ablesen in der Hand. Neben ihm steht eine weitere Rednerin mit einer Regenbogenflagge um die Hüfte. Sowie zwei weitere Teilnehmer*innen.

Das Foto zeigt eine Kundgebung am Heidi Kabel Platz zum Trans Remembrance Day 2023.

Zwei Amnesty Mitglieder stehen um einen Tisch mit Merchandise von Amnesty unter einem gelben Zelt. Der Tisch hat ein gelbes Banner an der Vorderseite mit der Aufschrift „Queeramnesty“ in schwarz. Neben den Mitgliedern ist ein Glücksrad in schwarz und gelb mit Nummern drauf. Im Zelt hängen mehrere Flaggen (Black Lives Matter Flagge, Progress Pride Flagge mit Inter- und Progress Pride Flagge mit einem roten Regenschirm für die Sexarbeiter*innen).

Zwei Amnestymitglieder beim Stand vom CSD Straßenfest 2023.

Auch das Motto des vergangenen CSD “Selbstbestimmung jetzt! – Verbündet gegen Trans*feindlichkeit” spiegelt die angespannte Lage für Transpersonen wider. Queeramnesty Hamburg kooperierte mit einer/m Künstler*in aus Hamburg um ein neues Banner anzufertigen mit der Aufschrift “Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht”. Dieses Banner wurde beim Hamburger CSD, beim Lübecker CSD, beim Winsener CSD und beim Hamburger Bi+ Pride getragen.

Zwei Amnesty Mitglieder tragen ein Banner, welches an Holzpfählen befestigt ist, um es hoch und sichtbar zu machen. Das Banner hat die Aufschrift „mein Körper meine Rechte“ und eine Regenbogenflagge unter dem Schriftzug befestigt. Hinter den zwei Amnesty Mitgliedern laufen weitere Amnestys mit dem Banner „Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht“. Dies ist gelb und hat recht einen wellenartig seitlich verlaufenden Regenbogen und links ebenfalls wellenartige verlaufende Farben schwarz, braun, hellblau, hellrosa, weiß und wieder gelb mit einem lilafarbenen Kreis. Dahinter sind sehr viele weitere CSD Teilnehmer*innen.

Amnesty Lübeck und Queeramnesty Hamburg auf dem CSD 2023 in Lübeck mit ihren Bannern.

Drei Amnesty Mitglieder halten das Banner „Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht“. Das Mitglied rechts außen hält zusätzlich eine Stange mit der Asexuellen Flagge. Das Foto wurde aufgenommen in der Straße Lange Reihe.

Queeramnesty Hamburg mit ihrem Banner beim Bi+ Pride in Hamburg 2023.

Dieses Jahr (2024) war Queeramnesty Hamburg mit zwei Drag Künstler*innen in Stade vertreten. Zusammen mit dem Verein Quest – Queeres Stade e.V. veranstalteten die Drag Künstler*innen ein Drag Bingo, bei dem die Bingozettel gegen Spende an Quest und Queeramnesty HH rausgegeben wurden. Außerdem waren die Drag Künstler*innen beim Stader CSD vertreten. Queeramnesty Hamburg ist seit 2021 jedes Jahr beim CSD in Stade dabei.

Drei Personen halten ein Banner mit der Aufschrift „zusammen vereint Christopher Street Day Stade“. Unter dem Schriftzug sind Hände verschiedener Hautfarben zu sehen mit Pride Flaggen Bändchen um. Der Hintergrund des Banners ist in Regenbogenfarben gehalten. Links hält das Banner eine Drag Queen im rosa Kleid mit einer türkis-blauen Perücke, welche sie zu einem geflochtenen Zopf gebunden hat. Sie hält in ihrer rechten Hand einen großen bunten Fächer. Hinter den Personen sind Gebäude zu sehen und ein blauer Himmel.

Eine Drag Queen von Queeramnesty Hamburg hält mit zwei weiteren Personen das Banner des Vereins Quest – Queeres Stade e.V. beim CSD Stade 2024.

Unsere Literatur- und Medienempfehlungen zum Thema Queerfeindlichkeit

Serien und Filme:

  • El Dorado – Alles was die Nazis hassen
  • Disclosure
  • Moonlight
  • Rafiki
  • But I‘m a Cheerleader
  • Dear White People
  • Sex Education
  • Queer Eye (Germany)
  • Orange is the new black
  • Queer as Folk
  • Pose
  • Becoming Charlie
  • DRUCK
  • Verbotene Liebe – queere Opfer der NS Diktatur

Bücher

  • Eine kurze Geschichte queerer Frauen – Kirsty Loehr
  • Die Zukunft ist nichtbinär- Lydia Meyer
  • Page Boy – Elliot Page
  • Einfach selbstbestimmt – Janka Kluge, Julia Monro
  • Lieber Linus oder Der Weg nach Selbstbestimmung – Linus Giese
  • All die brennenden Fragen – Henri Maximilian Jakobs
  • Georgine der lange Weg zu mir selbst – Georgine Kellermann
  • Queer – Benno Gammerl
  • Bi – Julia Shaw

Personen auf Instagram

  • gialu_
  • die_michalskis
  • fabiangrischkat
  • leonie.löwenherz
  • tandarok
  • finessi
  • trans.parenz
  • 321maxx
  • sav.io
  • aljosha_
  • lilischote

Podcasts

  • HerStory Geschichte(n) von Frauen und Queers – Jasmin Lörchner
  • Willkommen im Club
  • BBQ
  • Out and About
  • Sputnik Pride
  • InSpektren – der Podcast der deutschsprachigen A*spec Community